Sonntag, 10. August 2008

Offene Augen erleichtern das Sehen (Samstag, 9. August)

Der herbe Dämpfer des letzten Caches steckte mir auch heute Morgen noch gewaltig in meinem Körper und mich konnte nur eine einzige Tatsache halbwegs erfreuen. Auf meinem Schreibtisch lag immer noch mein Colorado und das bedeutete, er musste bis jetzt noch nicht den harten Weg zurück in das Baltikum antreten, was ich nach dem Totalausfall in Mellingen nie gedacht hätte. Ich war fest davon überzeugt, das unser neuer Hausfreund, besser gesagt mein neuer Hausfreund, mit seinem beschämenden Abschneiden, meiner Frau genug Gründe geboten hätte, mich zum Zurückschicken zu zwingen. Aber entweder hoffte sie noch, ich würde das auch ohne ihr Zutun erledigen oder sie hatte sich mittlerweile auch ein klein bisschen in den trendigen, grauschwarzen Ami mit Herkunftsort Wilna verliebt und kann sich deswegen nicht mehr so leicht von ihm trennen. Was auch der Grund war, warum ich mein Spielzeug behalten durfte, ich wusste dass die Aufenthaltsgenehmigung, welchem dem herzigen Litauer mit amerikanischen Eltern gewährt wurde, auf sehr wackeligen Füssen stand und dass er ziemlich sicher recht bald des Landes verwiesen werden würde, sollte er sein Können nicht schleunigst unter Beweis stellen. Darum war klar, was heute zu tun war. Ich hatte nur ein Problem. Welche Caches sollte ich raussuchen, damit er seine Stärken beweist. Würde ich einen zu leichten wählen, würde es gleich heissen, so was Leichtes hätte der Gecko auch gekonnt. Würde ich was Schweres her nehmen, könnte er sein Können sicher zeigen, würde aber auch die Gefahr bestehen, dass der Cache zu schwer ist und am Ende die nächste Schlappe ansteht, was ziemlich sicher das Ende des Colorados gewesen wäre. Ich fand im Multi „Die Rückeroberung“ einen Kompromiss. Mit 2,5 Sternen sowohl bei Terrain als auch bei Schwierigkeit lag er genau in der Mitte und somit schwer genug, um meine Frau zu überzeugen, aber nicht so schwer, dass er von uns nicht zu bewältigen war. Schliesslich hatten wir zweieinhalber Caches schon gelöst. So machten wir uns denn auch kurze Zeit später auf zum Cache und fanden uns am Startpunkt es Caches wieder.

Um ehrlich zu sein, wir befanden uns in der Nähe des Startpunktes. Bei der Cachebeschreibung war zwar ein Parkplatz angegeben, aber wie so oft fehlte mir die Strassenangabe für unser TomTom. Also bemühte ich mal wieder Google Earth, welches mir den möglichen Parkplatz auch anzeigte. Natürlich war aber die Strasse, die dort hinführen sollte, in unserem TomTom nicht vorhanden. Das störte mich aber noch nicht weiter, denn wir hatten ja Colo, wie unser amerikanischer Litauer von mir mittlerweile getauft wurde. Colo hat schliesslich die topografischen Karten der Schweiz intus und ich war mir sicher, wenn wir in der Nähe des von mir ausgesuchten Parkplatzes sind, würden wir mit Hilfe der Topo Swiss im GPS einen befahrbaren Weg dorthin finden. Leider hatte ich da mal wieder die Rechnung ohne die Eidgenössischen Städteplaner gemacht, denn beim Zielgebiet handelt es sich um ein nagelneues Wohnquartier. Prinzipiell liegt in dieser Tatsache natürlich noch kein Problem. Nun ist es aber so, dass die Jungs aus Kalifornien, sprich die Googleianer, um einiges schneller sind als die Herren vom Landesvermessungsamt oder mit anderen Worten. Google Earth und Google Maps sind mit ihren Strassen aktueller als die Topo Swiss Karte, die in unserem Handnavi steckt und somit konnte uns Colo natürlich nicht die Wege zeigen, die ich zuvor fein säuberlich aus dem Internet filterte. Noch schlimmer. Er zeigte uns Wege, die es in der Form, in der er sie gespeichert hatte, nicht mehr gab. So kurvten wir also auf den neuen Strassen in dem neuen, Grossteils noch völlig unbewohnten, Wohnquartier herum und suchten eine Abstellmöglichkeit, die einigermassen in der Nähe der Startkoordinaten war. Und wir hatten Glück. Da es sich hier um ein wirklich sehr neues Wohnviertel handelte, war hier vielerorts einfach nur Baustelle und so konnten wir unser Auto eigentlich überall am Wegesrand abstellen. Schliesslich war Samstag, es wurde nicht gearbeitet und wir störten damit niemanden. Das an uns vorbeispazierende Pärchen war wohl nicht ganz dieser Meinung, denn sie musterten uns mit bösen Blick, als wir aus dem Auto ausstiegen und damit anzeigten, wir werden jetzt hier stehen bleiben. Da es aber bei dem bösen Blick blieb, kümmerten wir uns nicht weiter darum. Wir hatten ja auch besseres zu tun- Also begaben wir uns in Richtung Startkoordinaten.

Nun hiess es nur noch, den Startpunkt zu finden. Wir wählten, wie so oft, zunächst den direkten Weg, gaben dieses Vorhaben aber schnell wieder auf, denn der direkte Weg wurde unserer Meinung ganz schnell zu einem indirekten. Oder anders gesagt. Wir dachten, auf diesen Weg kommen wir nicht zum Start. Also drehten wir wieder um und wählten den zweiten Weg, der meiner Meinung nach eher richtig war. Leider bedeutete dieser Weg, dass wir mal wieder einen kleinen Anstieg hinauf hecheln mussten, dessen Steigung uns durch die auf uns knallende Sonne noch steiler vorkam. Als wir oben ankamen wurden dann zwei Dinge ersichtlich. Erstens hätte es dort oben eine wunderschöne Parkiermöglichkeit gegeben, wir hätte also den ganzen Weg auch mit dem Auto hinauffahren können. Zweitens merkten wir oben, dass wir auch mit diesem Weg nicht direkt zum Ziel kamen. Es war nämlich so, dass es sich bei dem Weg um einen Serpentinenmässig hinauflaufenden Pfad handelte der also in schönen Schlangenlinien den Weg hinauf bzw. wie in unserem Fall nun hinunter führte. Dank der Schlangenlinien kommt man logischerweise immer wieder an den gleichen Koordinaten vorbei, allerdings in verschiedenen Höhen. Unser Ziel lag natürlich unterhalb von uns und so führte uns der geschwungene Weg bis zur Ankunft am Ziel immer wieder näher ran und dann wieder weiter weg. All dass wäre von unten herkommend natürlich ähnlich gewesen. Allerdings wären wir den Weg dann nicht doppelt gegangen, denn es war schnell klar dass wir den Cache gerade rückwärts gingen und die Strecke, die wir zum Punkt eins gerade runter stampften anschliessend sicher wieder hinauf mussten. Aber wir machen das ganze ja schliesslich freiwillig und zum Spass und auch wir kamen auf diese Weise schliesslich irgendwann am ersten Punkt unserer kleinen Tour an. Hier wurde uns dann auch endlich klar, wieso der Cache den Namen „Die Rückeroberung“ hatte. Wir befanden uns nicht nur in einem neuen Quartier. Nein, früher muss hier mal eine Kiesgrube gewesen sein, die ihre Arbeit aber wohl getan hat. Und da hat man eben ein Teil für die neuen Wohnmöglichkeiten abgeschnitten und den anderen Teil überlässt man der Natur, die sich auf diese Weise wieder das holt, was man ihr zuvor genommen hat. Die Natur erobert das Gebiet also wieder zurück. Ich befürchte jedoch, dass diese Rückeroberung nur so lange andauert, bis wieder irgendwelche Immobilienhaie das Gefühl haben, hier müssten zur Erhöhung der Wohnqualität noch weitere Gebäude entstehen. Aber bis dahin kann man immerhin in einem wunderschönen Naturreservat wandern und dabei herrliche Flora und Fauna bewundern. Ich bin mir sicher, der eine oder andere Städter wird hier Tiere und Pflanzen sehen, welche er in seiner Betonnatur schon lange nicht mehr gesichtet hat.

Genau darum geht es dem Cacheowner scheinbar auch. Denn er hat in diesem wirklich schönen Gebiet einen Multi gelegt, bei dem man an jeder Station Karten suchen muss, die das Stück Natur beschreiben, vor dem man im jeweiligen Moment steht. Unsere Aufgabe bestand also darin, an jeder Station die versteckte Karte zu finden, dann das gesuchte Wort aus der Beschreibung entnehmen und dieses dann anschliessend in das der Cachebeschreibung beigelegte Lösungsblatt einzutragen um die nächsten Koordinaten zu ermitteln. Wirklich eine wunderschöne und vor allem auch lehrreiche Idee. Die erste Station war auch kein grosses Problem, hatten wir das mögliche Versteck gleich ausfindig gemacht. Es konnte also zum zweiten Punkt gehen, der wie schon vermutet natürlich in der Richtung lag, aus der wir gekommen waren. Wir gingen also den Weg doppelt und hatten die endgültige Gewissheit, den Cache von der falschen Seite angegangen zu sein. Aber was soll‘s, wir hatten einen schönen Cache vor uns und die einzelnen Stationen sollten, wie uns Punkt eins bewies, nicht sonderlich schwer sein. Und auch unser Colo sollte hier nicht in allzu grosse Schwierigkeiten geraten, war doch der GPS-Empfang dank freiem Himmel und fehlender Bäume hervorragend und musste er uns zudem ja immer nur von einem Punkt zum anderen bringen, eine Aufgabe die sogar unser Gecko hervorragend gemeistert hätte. Dies sagte ich meiner Frau natürlich nicht, sollte sie doch davon überzeugt werden, wie einzigartig unser Gerät ist. Eigentlich hatte ich in Zukunft vor, immer mit zwei Geräten durch die Wälder zu huschen. Nicht, weil ich dem Colo nicht traue, sondern einfach um noch genauere Daten zu bekommen. Heute allerdings musste ich darauf noch verzichten, denn unser gelber Freund wurde von meiner Frau ausgeliehen, eine Tatsache die mich erst etwas sauer stimmte nun aber doch erfreute. So konnte der Gecko nämlich nicht beweisen, dass er bis jetzt alles genauso gut gefunden hätte und ich konnte vor meiner Frau weiter davon schwärmen, wie genial unser neues Gerät doch ist.

Diese Schwärmerei dauerte allerdings nicht lange. Schon an Station zwei stockte unser kleiner Lehrwanderpfad gewaltig. Wir hatten laut Colo das Zielgebiet erreicht, fanden dort nun aber kein weisses, laminiertes Hinweiskärtchen, um das Lösungswort zwei ermitteln zu können. Wir suchten alles ab, drehten jede Wurzel, jeden Ast und, zur Verärgerung der darunter lebenden Tierchen, auch jeden Stein um, aber wir fanden nichts. Nachdem wir 20 Minuten erfolglos gesucht hatten, schauten wir nach Hinweisen vom Cacheowner. Der aber befand seinen Cache wohl als so leicht, dass er uns keine Hinweise gab. Also mussten die Logs her. Und tatsächlich. Einige sprachen von Schwierigkeiten, schrieben davon, dass sie einen Posten einfach nicht gefunden hätten und dort nur durch richtiges Raten weiter gekommen wären. Aber natürlich handelte es sich dabei nicht um die Station zwei. Nein, die grosse Problemstelle vieler, war Posten fünf, damit also noch sehr weit weg von uns. Dennoch frustrierten uns diese Aussagen sehr, denn sie bedeuteten dass wir hier bei weitem noch nicht an der schwersten Stelle des Caches waren und schon Probleme hatten, die zuvor noch keiner hatte. Hinzu kam noch, dass uns auf Grund fehlender Bäume die Sonne wie in der Wüste auf den Kopf hämmerte und uns somit den völligen Rest gab. Wir waren wirklich schon nah am Aufgeben und meine Frau zischte immer öfter „Super Gerät. Ich dachte damit finden wir jetzt alles ganz einfach. Das kann man hoffentlich noch zurückgeben“ in meine Richtung. Da ich nun keine Argumente mehr hatte, warum nicht unser kleiner Colo an dieser Situation Schuld war, blieb mir nur noch eins. Ich musste noch einmal den Finger aus dem Hintern nehmen, Strom in die Hose geben und mit dieser inneren Jammerei von wegen „den finden wir eh nicht mehr“ aufhören. Schliesslich bin ich ein Mann und kein Weichei und so mobilisierte ich noch einmal sämtliche Suchkräfte und begann erneut, die ermittelten Koordinaten anzusteuern. Als ich ungefähr bei Null war hielt ich inne und liess meinen Blick um mich herum schweifen. Irgendwo hier war Colo der Meinung, dass der Zwischencache liegt und dieses Hightechgerät irrt sich nicht. Ich strengte noch einmal meine Augen an, riss sie ganz weit auf und scannte abermals alles bis ins Detail. Und auf einmal, wie wenn der Herrgott mit einem blinkenden Pfeil auf die Stelle zeigte, sah ich etwas Verdächtiges. Ich näherte mich, kroch förmlich die letzten Meter und dann war es geschafft. Ich hielt tatsächlich die seit mittlerweile über einer halben Stunde gesuchte Karte in der Hand. Ich fühlte mich, als hätte ich soeben die Führung in der Cachewertung übernommen. Am liebsten hätte ich mir mein Hemd vom Leib gerissen und wäre wie Schweini und Poldi jubilierend an die Eckfahne gerutscht. Aber erstens gab es weit und breit keine Eckfahne, zweitens hätte das auf dem Steinboden recht weh getan und drittens holte mich meine Frau mit ihrem nüchternen „Super. Dann mal weiter im Text“ recht schnell und hart auf den Boden der Realität. Ich hatte zwar ein super Versteck gefunden, aber es war eben nur eine Zwischenstation und dafür gab es keinen Punkt. Immerhin konnte ich meine Frau wenigstens noch davon überzeugen, dass ich ohne unser neues GPS nie fündig geworden wäre. Somit hielt sie das Gerät nun erst einmal nicht mehr für völlig untauglich, dafür jetzt aber seinen Bediener, denn sie fragte sich natürlich schon, warum ich mit Hilfe des Gerätes erst nach einer halben Stunde an den richtigen Punkt kam.

Am nächsten Posten erging es uns ähnlich, mit dem Unterschied dass nach 20 Minuten diesmal meine Frau fündig wurde. Und auch Station vier brachte keine Besserung, suchten wir dort doch sage und schreibe fast 40 Minuten, bis ich es zur Abwechslung mal wieder war, der uns das weiterkommen ermöglichte. Nicht zuletzt wegen der langsam unerträglich werdenden Hitze, unserem zur Neige gehenden Wasservorrates und den Ozonwerten, die zumindest gefühlt überirdisch hoch erschienen, kam mir dieser Multi so langsam nicht mehr lehrreich, sondern reich an leere vor. Ich kann sogar sagen, dass sich in mir langsam eine Wut aufbaute. Wut gegen den Cacheowner und vor allem Wut gegen diese, in dem Moment doch recht beschissen anmutende Steinwüste. Wer zum Henker kommt auf die absolut bescheuerte Idee, mitten in diese Gottverlassene Gegend einen Multi-Cache zu legen. Wenn ich ehrlich bin, richtete sich die Wut aber eigentlich gegen mich und die Frage lautete eher, wer zum Henker auf die Idee kommt, bei dieser drückenden Schwüle und ohne Sonnenschutz in diesem Steinbruch nach laminierten Hinweiskärtchen zu suchen. Ich gebe zu, es war eine bescheuerte Idee, aber jetzt waren wir immerhin schon fast zwei Stunden hier und hatten schliesslich nur noch drei Posten vor uns. Aufgeben kam also nicht in Frage.

So kamen wir nach fast zwei Stunden und mit einem sehr unguten Gefühl an Position fünf an, dem Zwischenposten, an denen die meisten vor uns ihre Probleme hatten, die Karte teilweise gar nicht fanden und nur durch logische Überlegung zum gesuchten Lösungswort kamen. So machten wir dann zunächst auch keine grossen Suchanstrengungen, denn auch uns kam sofort eine Idee zum Lösungswort. Leider passte unsere Lösung nicht in das vorgegebene Schema und so blieb uns wohl nicht viel anderes übrig als zu suchen. Super, einen Zwischencache, den schon gestandene Cacher vor uns vergeblich suchten. Und das bei unserem heutigen Suchglück. Wir gaben uns also nicht viele Chancen, begannen dennoch mit der Sucherei. Und scheinbar hatte der Cachergott diesmal erbarmen mit uns, denn unsere Vorgänger an dieser Station hatten die Karte nicht ganz sauber versteckt und so sah ich ein Stück weissen Karton hinter etwas hervorblitzen und ging darauf zu. Tataa, ich hatte schon wieder eine Karte gefunden und langsam ärgerte ich mich darüber, dass wir diesmal nicht für jeden gefundenen Zwischencache einen Punkt verteilten. Ich hatte uns mit also zum erneuten Male heute aus einer brenzligen Situation gerettet und einen Zwischencache gefunden, an dem sich schon viele vor uns die Zähne ausgebissen hatten. Und damit das auch so bleibt, achtete ich beim verstecken des Caches ganz genau darauf, dass nichts herausragt. Schliesslich geht es beim cachen ums suchen und schlecht versteckte Gegenstände machen keinen Spass.

Wir konnten uns nun in Richtung Station sechs begeben. Irgendwie kam mir aber auf einmal etwas komisch vor. Der Weg, den wir eingeschlagen hatten, wurde nämlich immer unwegsamer, verschwand irgendwann gänzlich und verwandelte sich in eine kleine Felswand, die es zu erklimmen galt. Sollte das wirklich richtig sein? Da es aber nur noch ein paar wenige Meter zum Punkt sein sollten, ging ich bzw. besser gesagt kletterte ich weiter. Meine Frau liess ich ganz Gentlemanlike zunächst einmal zurück, denn ich wollte mich zunächst versichern, ob es sich hier wirklich um den richtigen Weg handelte. Im Falle eines falschen Weges und einem damit verbundenen Absturzes meinerseits wäre dann immerhin noch eine Person dagewesen, die die Cachesuche hätte fortführen können. Auf halbem Wege stoppte mich meine Frau dann allerdings, denn sie bemerkte, dass sie sich verrechnet hatte. Da stand ich nun also, umsonst todesmutig in eine Felswand geklettert und nun einen noch gefährlicheren Rückweg vor mir habend nur weile sich meine Frau mal wieder verrechnet hatte. Natürlich entschuldigte sich meine Frau bei mir, als ich wieder festen Boden unter den Füssen hatte und natürlich sagte ich ihr, dass es doch halb so schlimm gewesen sei. Schliesslich sind wir verheiratet. Was ich in Wahrheit in diesem Moment fühlte, können sich aber vor allem die Männer jetzt denken. Wir hatten also neue Koordinaten, folgten diesen und kamen so auch wieder auf einen ganz normalen Weg. Allerdings kamen mir auch hier nach kurzer Zeit Zweifel, denn der Kompasspfeil zeigte immer mehr in Richtung der Anhöhe, welche sich links von uns befand, welche aber kaum überwindbar war. Irgendwas war also immer noch falsch und ich bat meine Frau deswegen, mir doch mal die Koordinaten zu geben. Ich kontrollierte ihre Rechnung und siehe da. Sie hatte noch einen Fehler gemacht. Oder soll ich besser sagen, sie hatte den ersten Fehler gemacht? Bei der Kontrolle ihrer Rechnerei sah ich nämlich, dass sie beim ersten Mal nichts falsch gemacht hatte und die zunächst ermittelten Koordinaten also doch stimmten. Sie hatte erst bei ihrer Kontrollrechnung einen Bock geschossen. Ich hätte in diesem Moment mal wieder ein HB-Männchen sein können, beruhigte mich nach Eingabe der neuen, alten Koordinaten allerdings recht schnell. Denn komischerweise mussten wir nun nicht wie befürchtet umdrehen und die Felswand erneut erklimmen. Nein, um zur nächsten Station zu kommen befanden wir uns auf dem absolut richtigen Weg. Meine Frau hatte mich also durch ihren falschen Fehler von meiner Klettertour erlöst und auf diese Weise einen Weg zu Punkt sechs gefunden, der ohne eine wilde und halsbrecherische Klettertour bewältigt werden konnte. Sie hatte mich quasi gerettet und so konnte ich ihr natürlich keinesfalls böse sein.

Man kann also sagen, uns stand der Cachergott zum zweiten Mal am heutigen Tage zur Seite und scheinbar wollte er uns dann auch nicht mehr verlassen, denn die letzten Posten fanden wir ohne grosse Mühe und so standen wir denn auch kurze Zeit später im Zielgebiet. Nun wurde uns auch klar, warum die bisherigen Aufgaben so schwer waren. Wir befanden uns nämlich in einem recht übersichtlichen Gebiet ohne viel Flora und somit waren auch die Versteckmöglichkeiten recht beschränkt. Wir hatten auch recht schnell das mögliche Ziel ausgemacht und nun begann zunächst eine kleine Wettkletterei, welche meine Frau aber schnell wieder aufgab. Sie hatte keine Lust mit mir zu wetteifern wenn es sich am Ende vielleicht doch um den falschen Weg handelte. Und auch ich hatte auf Grund der Hitze ehrlich gesagt keine grosse Lust, erneut den Reinhold Messner zu spielen. Aber irgendeiner musste den Ort ja schliesslich untersuchen, denn jetzt aufgeben wäre wirklich verrückt gewesen. Also mobilisierte ich noch einmal die letzten Kräfte, kämpfte mich durchs Gelände und was ich dann zu sehen bekam, entschädigte mich für vieles am heutigen Tag. Zunächst erkannte ich es gar nicht, hielt es für eine Spielerei von Kindern, doch dann bemerkte ich, dass es sich hier um einen der witzigsten Endcaches handelt, die wir bisher auf unseren Touren gesehen haben. Er war mit viel Fantasie und Witz gestaltet und ich rief sofort meine Frau. Eigentlich wollte sie mir unser Logmaterial einfach nur zuwerfen, aber dass hier musste sie unbedingt mit eigenen Augen sehen. Sie war zwar etwas murrig, hatte sie doch wirklich keine grosse Lust mehr, aber ihr Meckerei verstummte sofort, als sie den Endcache sah, denn auch sie war begeistert von der Fantasie, welche hier angewendet wurde. Nachdem wir einige Zeit verweilten loggten wir uns noch und bei all der Faszination vergass ich völlig, dass ich den nächsten und damit dritten Punkt in Folge gemacht hatte.

Der Rückweg war dann eine leichte Sache, ging es doch erstens immer bergab und zweitens hatten wir uns viel zu erzählen. Und so waren wir kurze Zeit später auf dem Heimweg und ich war glücklich, hatte ich doch neben dem Punkt auch die Aufenthaltsgenehmigung von Colo verlängert. Wir wären so auch recht schnell wieder auf unserem Sofa gesessen, wären wir nicht zufällig an einem Wegweiser nach Mellingen vorbeigefahren und hätte sich meine Frau nicht ebenso zufällig an den Wherigo und die damit verbundene GPS-Panne erinnert. Ich konnte kaum glauben was sie da tat, aber sie folgte dem Wegweiser und meinte nur kurz und trocken, dass noch Zeit sei und das GPS jetzt endgültig beweisen soll, dass es funzt. Als wir am Parkplatz ausstiegen, die ersten Aufgaben wieder problemlos lösten und in Richtung der ominösen Kirche liefen ging mir mal wieder das Porto für Pakete nach Litauen durch den Kopf. Warum sollte es ausgerechnet jetzt funktionieren. Was bitte schön hat sich seit letzter Woche geändert. Ich hatte ja nicht einmal das Programm erneut heruntergeladen um einen möglichen Fehler im Download oder der Programmversion zu eliminieren. Es war einfach alles noch genauso wie beim letzten Mal und so war ich mir sicher, auch dieses Mal an der unheilvollen Frage zu scheitern.

Ich musste also Zeit gewinnen und versuchte meine Frau dazu zu überreden, erst einmal ein Bierchen in der österreichischen Gartenbeiz zu nehmen, an dem wir vorbeikamen. Ich hatte die Hoffnung, dass sie nach dem Bier keine Lust mehr hatte, noch den mindestens 1 ½ stündigen Cache zu lösen und da war es mir auch egal, von einem Österreichischen Wirt verpflegt zu werden. Aber sie wollte erst in den Biergarten, wenn der Cache beendet ist und so standen wir recht bald vor den goldenen Hinweistäfelchen und Melli, der Stadtführer vom letzten Mal stellte uns wieder die besagte Frage. Zitternd gab ich die vier Ziffern ein, bestätigte noch zitternder die Eingabe mit ok und verabschiedete mich innerlich schon einmal von Colo. „Tschüss alter Balte, du warst mir, wenn auch nur für kurze Zeit, ein treuer Wegbegleiter und ich hoffe, du findest irgendwo auf dieser Welt ein neues Herrchen, dessen Frau deine Qualitäten auch zu schätzen weiss.“ Ich hatte fast ein paar Tränen in den Augen und deswegen sah ich das, was dann passierte, etwas verschwommen. Irgendwie sah allerdings dass, was ich durch meine gewässerten Linsen erkennen konnte, nicht so aus wie das vom letzten Male sehr vertraute „Die Antwort ist falsch. Betrachte das goldene Täfelchen genau!“. Nein, dafür war es zu kurz. Ich rieb meine Augen um wieder scharf zu sehen und da wurde es klar und deutlich. Melli quittierte unsere Antwort mit „Das war die richtige Antwort“ und schickte uns sofort zur nächsten Station. Das konnte doch nicht war sein. War uns der Cachergott von der Kiesgrube her gefolgt? Egal, welcher Beistand dafür verantwortlich war. Unsere Lösung wurde endlich akzeptiert.

Melli schickte uns nun weiter in Mellingen herum, wir lernten weitere Sehenswürdigkeiten kennen und irgendwann standen wir hinter der Kirche, die uns zuvor soviel Probleme machte und mussten die nächste Aufgabe lösen. Diesmal ging es jedoch nicht darum, dass wir eine Jahreszahl eingeben mussten. Nein, diesmal wurden uns zwei Antwortmöglichkeiten vorgegeben und wir mussten mit Hilfe des güldenen Hinweistäfeli nur die richtige heraussuchen. Kein Problem, wir hatten die gesuchte Angabe schnell gefunden, standen dann aber vor dem Problem, dass diese leider keiner der beiden vorgegebenen Antwortmöglichkeiten entsprach. Noch einmal lasen wir das Schild, aber es brachte nichts, die richtige Antwort stand nicht zur Auswahl. Was soll‘s, gebe ich eben mal die eine ein und schaue was passiert. „Die Antwort ist leider falsch…..“ Ich regte mich nicht gross auf, denn wenn es die eine nicht ist, kann es ja wohl nur die andere sein. Denkste. Sind zwei Antwortmöglichkeiten angegeben, ist es immer die dritte. Logisch oder? Natürlich wollte Melli auch die zweite Antwort nicht akzeptieren und auch nach abermaligen Anlaufen des Punktes, erneutem hochfahren der Software und verschiedensten Reihenfolgen bei der Eingabe änderte sich nichts. Melli wollte die Antworten nicht annehmen und gab somit den nächsten Punkt nicht frei. Er hatte es also endgültig geschafft, unseren kleinen süssen Handnavigator zu besiegen und meiner Frau zudem den letzten Beweis dafür geliefert, dass Colo unser Haus verlassen muss. Sie musste nicht einmal etwas sagen, denn ich sah in ihrem Blick was sie dachte. Ich wollte ja von Anfang an nicht noch einmal hier her kommen. Aber jetzt war es eben so und alles jammern half nichts. Colo hatte zum zweiten Mal versagt und damit habe ich einfach keine Argumente mehr, ihn zu behalten. Geknickt und völlig frustriert schaltete ich ihn aus und wir entschieden uns auf dem Weg zum Auto, umrahmt von Semino Rossi, Hansi Hinterseher und Andy Borg doch noch ein Frustbierchen in der zuvor schon angesprochenen österreichischen Gartenbeiz zu nehmen.

Als wir dort so sassen und das Bier schon fast leer war kam mir auf einmal noch eine Eingebung. Ich schaute meine Frau an und sagte zu ihr „Was, wenn es bei der Aufgabe nicht zwei sondern drei Lösungsmöglichkeiten gibt? Was wenn ich am Rand runterscrollen kann und wir nur deswegen nicht die richtige Lösung zur Auswahl sahen?“ Meine Frau schaute mich entsetzt an und wusste wohl nicht genau, ob ich vor lauter Enttäuschung das GPS abgeben zu müssen einfach nicht mehr zu retten bin oder ob ich einfach nur zu blöd zum bedienen des Gerätes bin, denn dass hätte ich dich normalerweise als erstes ausprobieren müssen. Da sie mich ja nun schon eine Weile kennt, hielt sie die Idee wohl nicht für völlig undenkbar und da wir quasi vor der Kirche sassen war der Weg auch nicht so weit und so gingen wir noch einmal an den Punkt des Verderbens zurück. Ich startete vorsichtig das Programm, wir erhielten die Frage und meine Frau sah sofort die Scrollbalken am rechten Rand des Displays. Natürlich konnten wir herunter scrollen. Natürlich kam dort als dritte Lösungsmöglichkeit die richtige Lösung. Und natürlich wurde diese von Melli auch sofort akzeptiert. Ich weiss nicht genau, was meine Frau in diesem Moment fühlte, aber ich könnte mir vorstellen dass es etwas Ähnliches war, wie ich Stunden zuvor in der Kiesgrube fühlte, als ich ihren falschen Rechenfehler aufdeckte. Frauen wissen bestimmt, was es war und sie unterliess alles herauszulassen in diesem Moment nur aus einem Grund. Sie wollten diesen Cache endlich abschliessen, sie war müde und es wurde langsam auch schon dunkel und jede Diskussion hätte alles nur noch mehr in die Länge gezogen. Ausserdem streitet man sich nicht man vor einem Gotteshaus. Allerdings fragte sie sich sicher, ob nicht auch schon beim ersten Problem an dem wir nicht weiterkamen, meine Unfähigkeit das Gerät zu bedienen schuld daran war, dass wir damals aufgeben mussten.

Die letzten Stationen waren endlich kein grosses Problem mehr. Wir lösten alle Aufgaben und waren nur noch darauf gespannt, ob wir eventuell am Ende noch einen Cache suchen mussten. Zu unserem Glück war dem nicht so. Der Cacheowner beliess es dabei, einfach nur einen netten Stadtrundgang gestaltet zu haben und so konnten wir am Ende auch keine Punkte verteilen. Glücklich, unseren ersten Wherigo doch noch gelöst zu haben, kamen wir am Auto an und konnten endlich den verdienten Heimweg antreten.

Mittlerweile sind wir wieder zu Hause und ich bin mir jetzt ganz sicher, dass die Aufenthaltsgenehmigung meines kleinen Freundes durch die heutigen Erfolge fürs Erste gesichert ist. Dafür glaube ich allerdings, dass nach den Fehlern meinerseits, meine stark gefährdet ist.


Erkenntnis des zweiunddreissigsten und dreiunddreissigsten Caches. Die beste Technik ist nur so gut, wie der, der sie bedient. Stand der internen Cache-Wertung: 17 – 12 für meine Frau.

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